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Wenn man das volkstümliche irische Liebeslied "Danny Boy" nicht kennt, wo es an einer Stelle heißt "I'll be here in sunshine or in shadow", mag der Titel des neuen Buches von Christian Kracht (erschienen bei Kiepenheuer und Witsch) noch geheimnisvoller scheinen, als er es ohnehin schon ist. Der in 14 Sprachen übersetzte  Schweizer Autor gehört zu den umstrittensten seiner Generation: für die einen (Leser und Kritiker) gilt er als hochbegabter Vertreter der deutschsprachigen Popliteratur (eine Klassifizierung, die er selbst ablehnt), für die anderen ist er ein überschätzter Schreiberling der Postmoderne. Das neue Werk (7 Jahre nach "Faserland" erschienen) des 42jährigen Weltenbummlers und Journalisten wird in der "Zeit" so umschrieben: "Die Schweiz ist rot, der Krieg tobt, und es liegt ewiges Eis." Eine Vereisung der Welt also, symbolisiert durch die SSR, die "Schweizer Sowjetrepublik", die (in einer nahen Zukunft) im Dauerkrieg mit dem Rest Europas liegt, seit Lenin nicht in seine Heimat zurückgekehrt ist. Postmodern ist der erstaunliche Roman sicher, schon durch seine zahlreichen Anspielungen und Querverbindungen auf die verschiedensten Autoren und Stile, die Kracht mit einem unleugbaren Talent "nachzuahmen" und zu verarbeiten versteht - wenn Sie Brad Easton Ellis oder Michel Houellebecq mögen, liegen Sie bei dem Schweizer völlig richtig: mit Zynismus und scharfsinn analysiert er nun schon seit ein paar Jahren unsere Konsumgesellschaft und ihre "naturgemäßen" Konsequenzen auf die Identitätskrisen seiner Figuren. Wenn Sie jedoch ein Buch über Schweizer Idyllen erwarten, kaufen sie lieber einen Bildband über die Alpen und den Genfer See........... Wie dem auch sei, das Buch lässt den Leser auf keinen Fall unberührt, hier eine Kostprobe in Schrift, Ton und Bild - Christian Kracht weiß natürlich auch die Medien für seine Zwecke zu nutzen, so wie in diesem psychodelischen "Trailer" auf Internet (hier zuerst der Text):

Es war September.
Ein Falter hatte sich auf mein Augenlid gesetzt.
Er hatte sich in die Bewegung der Wimpern verliebt.   

Zeitgleich mit demÖffnen und Schließen des Auges
schlug er seine Flügel.
Ich komme nur ganz kurz hierher.
Berge und Wolken, Vögel sind dort,
ich sehe sie nicht.
Meine Augen sind geschlossen.
Geschlossen.
Ich komme nur ganz kurz hierher.
Es gibt keine Augenlider.
Berge und Wolken, Vögel sind dort.
Ich höre sie.
Ich bin an diesem Ort verloren.



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