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Der mit
zahlreichen Preisen ausgezeichnete östereichische Schriftsteller Christoph Ransmayr, 1954 geboren, bleibt für mich einer der lesenswertesten und talentiertesten seiner Generation: sein
erster Roman "Die Schrecken des Eises und der Finsternis (1984, "Les effrois de la glace et des ténèbres"), der eine Expedition in die Polarnacht -und in die menschliche Natur- auf unglaublich
eindringliche Weise darstellte, hatte auch beim französischen Publikum viel Erfolg. Das gesamte Werk dieses "Reisenden der Apokalypse" wird von Wanderungen durch Orte geprägt, die ebenso
die Hölle wir das verlorene Paradies heraufbeschwören. Diesmal nimmt uns der Landvermesser Ransmayr auf eine Reise in den Tibet mit, auf der Suche nach einem bisher unentdeckten namenlosen Berg,
dem vielleicht letzten weißen Fleck der Weltkarte: es ist aber vor allem die Geschichte zweier ungleicher Brüder, die bis ans Ende der Welt gelangen müssen, um sich zu finden und von denen nur
einer wieder ins Leben zurückkehrt. In außergewöhnlichen, frei "fliegenden" Versen, öffnet Ransmayr uns ein Fenster zur Wirklichkeit, und der Leser kann nur hoffen, dass diese Expedition
nicht sein letztes Abenteur sein wird. Der Fischer-Verlag stellt freundlicherweise eine Leseprobe der ersten Seiten zur Verfügung - hier ein Ausschnitt:
"Wenn ich heute
an jene Mondnacht zurückdenke,
in der ich mit meinem Bruder
aus der Gipfelregion jenes Berges,
den die Nomaden von Kham Phur-Ri nennen:
Der fliegende Berg,
in die Tiefe zurückgeklettert, zurückgetaumelt war,
einen vom Eis verglasten Grat hinab,
blankgewehte Felsrinnen, schwarze Eiskamine hinab
und dann durch den hüfthohen Schnee jenes Sattels,
auf dem wir uns verloren...
Wenn ich an diesen Irrweg durch ein Eislabyrinth
in die bewohnte Welt denke,
die irgendwo unter Wolkentürmen im Abgrund lag,
dann sehe ich immer auch Nyema,
höre ihre besänftigende Stimme,
das Klimpern der Korallen- und Muschelketten um ihren Hals
und spüre die Wärme ihrer Hände,
sehe Nyema,
als wären es ihre Arme
und nicht die meines Bruders gewesen,
die mich damals umfingen:
Niemand, höre ich Nyema sagen,
niremand stirbt auf seinem Weg nur ein einziges Mal."
"Wenn ich heute
an jene Mondnacht zurückdenke,
in der ich mit meinem Bruder
aus der Gipfelregion jenes Berges,
den die Nomaden von Kham Phur-Ri nennen:
Der fliegende Berg,
in die Tiefe zurückgeklettert, zurückgetaumelt war,
einen vom Eis verglasten Grat hinab,
blankgewehte Felsrinnen, schwarze Eiskamine hinab
und dann durch den hüfthohen Schnee jenes Sattels,
auf dem wir uns verloren...
Wenn ich an diesen Irrweg durch ein Eislabyrinth
in die bewohnte Welt denke,
die irgendwo unter Wolkentürmen im Abgrund lag,
dann sehe ich immer auch Nyema,
höre ihre besänftigende Stimme,
das Klimpern der Korallen- und Muschelketten um ihren Hals
und spüre die Wärme ihrer Hände,
sehe Nyema,
als wären es ihre Arme
und nicht die meines Bruders gewesen,
die mich damals umfingen:
Niemand, höre ich Nyema sagen,
niremand stirbt auf seinem Weg nur ein einziges Mal."