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11 novembre 2009 3 11 /11 /novembre /2009 16:10

Wissen Sie noch, wo Sie am 9. November 1989 waren? Für mich war es das Jahr, das mit dem Tod von Thomas Bernhard ganz schlecht begonnen hatte -eigentlich hätte ich ihn gerne einmal getroffen, diesen ewigen "Menschenfeind", dessen sympathisches Lächeln mich so faszinierte und der so charmant unter südlicher Sonne bei einem Glas Weißwein auf die Fragen von Journalistinnen zu antworten wusste- und das also mit einem Ereignis endete, welches niemand so richtig erwartet hatte und an das man nicht wirklich glauben wollte: man gewöhnt sich 'halt an alles, auch an dieses zweigeteilte Land...Meine ersten Erinnerungen gehen in Kinderzeit zurück, in der wir kleinen Westdeutschen es gewohnt waren, dass unsere Eltern manchmal von "drüben" sprachen, wenn es um die DDR ging: persönlich hatten wir keine Verwandten dort. Regelmäßig wurden Klassenfahrten an die Zonengrenze organisiert, wo wir 12jährigen in der Nähe von Coburg aus dem Bus stiegen und  Rostbratwürtse kauend aus respektvoller Entfernung die Wachttürme "auf der anderen Seite" begutachteten. Natürlich war die Klassenreise für uns damals wichtiger als eine tiefgehende Reflexion über das geteilte Deutschland...Leider war diese schreckliche Grenze für viele Deutsche eine historische Realität geworden, wir freuten uns natürlich über jeden kleinen Schritt nach vorn -deshalb auch unsere Begeisterung für Willy Brandts Ostpolitik- aber die Möglichkeit einer Änderung rückte immer weiter aus unserem Blickfeld. Sie können sich unsere  -wie soll man es nennen "Überraschung" "Emotionen" "Verblüfftheit"- ja eigentlich das alles und noch viel mehr vorstellen, als wir die Öffnung der Mauer am Bildschirm (damals lebte ich schon seit fünf Jahren in Frankreich) miterlebten. Wir konnten es fast nicht glauben....und was bleibt davon 20 Jahre später?
Vieles hat sich geändert, nach der Euphorie kamen Jahre der Missverständnisse, der zaghaften Annäherung zweier Welten, die sich nicht kannten, plötzlich erkannten und sicher in vielen Bereichen verkannten, Momente des Zweifelns, des Verzweifelns, die "Ostalgie" (wahrscheinlich war ja auch wirklich nicht alles zum Wegwerfen), aber eines bleibt unantastbar: die Zerstörung einer Mauer, die nicht nur Menschen von anderen trennte, aber auch eines der größten Symbole für die Unterdrückung der Freiheit in der Geschichte der Menschheit darstellte: Freiheit, dorthin zu gehen, wohin man will, zu sagen und zu tun, wozu man Lust hat - und vor allem, selbst wenn man es nicht tut, die MÖGLICHKEIT zu haben..... "Wenn es Wirklichkeitssinn gibt, dann muss es auch Möglichkeitssinn geben" heißt es im vierten Kapitel von Musils "Mann ohne Eigenschaften" - seit 20 Jahren ist für die ehemals ostdeutsche Bevölkerung aus der Utopie der Freiheit Wirklichkeit geworden. 
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